Wie man ruhig bleibt – vollständige Anleitung

Veröffentlicht am 8. April 2025 um 09:53

„Wie kannst du nur so ruhig sein?“

 

Das fragen mich viele.

Freunde. Klienten. Menschen, die mich ein bisschen kennen – oder glauben, mich zu kennen.

 

Sie sehen meine Ruhe.

Aber sie sehen nicht, was in mir lebt.

Was ich gezähmt habe.

 

Sie sehen nicht die Vulkane, die einst alles zerstörten.

Die Tornados, die Beziehungen zerrissen.

Die Flut, die Vertrauen mit sich riss.

 

Meine Ruhe ist kein Zufall.

Sie ist eine Entscheidung.

Ein tägliches, stilles Ritual.

Sie ist das Ergebnis von Disziplin. Von innerer Arbeit. Von Schmerz, der transformiert wurde.

 

Ich antworte dann oft:

Meine Kraft ist meine Stille. Und meine Privatsphäre ist meine Festung.

 

Denn in mir tobt es.

Noch immer.

Aber ich habe gelernt, das Feuer zu halten.

Es nicht gegen die Welt zu richten, sondern zu formen, zu führen, zu nutzen.

 

Früher war ich das Gegenteil von ruhig.

Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, wo geschrien wurde statt gesprochen.

Wo Wut das Kommunikationsmittel war.

Und Chaos die Normalität.

 

Ich kenne Eskalation.

Ich kenne das Gefühl, wenn das Nervensystem übernimmt – wenn du nur noch reagierst.

Und danach Trümmer siehst, wo vorher Verbindung war.

 

Ich dachte lange, das sei Stärke.

Laut sein.

Explodieren.

Kontrolle zeigen durch Reaktion.

 

Doch ich habe gelernt:

Das ist keine Männlichkeit – das ist emotionale Unreife.

Das ist toxische Männlichkeit.

Ein echter Mann?

Ist ruhig.

Beherrscht.

Nicht, weil er unterdrückt –

sondern weil er integriert hat.

Weil er führen kann. Sich selbst zuerst.

Stärke zeigt sich in Selbstkontrolle – nicht im Ausbruch.

 

Und ich habe gelernt, bestimmte Dinge einfach loszulassen:

Ich habe aufgehört, mit der Realität zu streiten.

Ich lasse Menschen mich missverstehen.

Ich muss nicht mehr recht haben.

Ich renne nicht mehr Dingen hinterher, die mir nicht entgegenkommen.

Ich höre mehr zu, als ich rede.

Ich habe Kraft im Innehalten gefunden.

 

Heute lebe ich anders.

Weil ich anders gewählt habe.

Und weil ich verstanden habe:

Ruhe ist kein Zustand.

Ruhe ist eine Entscheidung.

Eine Haltung.

Ein Muskel.

 

Am Anfang ist es schwer.

Wie beim ersten Mal im Fitnessstudio.

10 Kilo fühlen sich unmöglich an.

Deine Trigger? Unerträglich.

 

Aber du gehst wieder hin.

Trainierst.

Und mit der Zeit merkst du:

 

Die 10 Kilo sind immer noch da.

Sie haben sich nicht verändert.

Was sich verändert hat – bist du.

 

Du hast Muskeln aufgebaut.

Widerstandskraft.

Stabilität.

Nicht die Last ist leichter geworden –

du bist stärker geworden.

 

Deine Trigger haben noch immer das gleiche Gewicht.

Aber deine innere Muskulatur hält sie jetzt anders.

Mit mehr Raum.

Mit weniger Drama.

Mit mehr Klarheit.

 

Was früher Drama war, ist heute Atem.

Was früher Krieg war, ist heute Raum.

 

Ich habe gelernt, meine Amygdala nicht mehr das Steuer übernehmen zu lassen

(die Amygdala ist der Teil im Gehirn, der Angst verarbeitet und für schnelle, emotionale Reaktionen verantwortlich ist – sie schützt uns, kann aber auch überreagieren, besonders bei alten Wunden).

Ich habe meinen präfrontalen Cortex – den Teil meines Gehirns, der denkt, reflektiert, wählt – trainiert, präsent zu bleiben.

 

Das ist kein spiritueller Spruch.

Das ist Neurobiologie.

Emotionale Selbstführung ist ein Muskel.

Und wie jeder Muskel:

Er braucht Übung.

Geduld.

Fehler.

Und Wiederholung.

 

Dazu kamen Mindsets, die mir halfen, nicht unterzugehen:

 

Radikale Akzeptanz.

Das bedeutet nicht, dass ich alles gutheiße. Es heißt nur, dass ich anerkenne, was ist – ohne Widerstand, ohne Drama. Der Widerstand gegen das, was bereits geschieht, ist oft der Ursprung von Leid. Akzeptanz ist nicht Kapitulation. Sie ist die Basis für klare Entscheidungen. Für Handlung – ohne Kampf gegen die Realität.

 

Surrender.

Kapitulation mit offenem Herzen. Kein Aufgeben, sondern ein tiefes Loslassen der Illusion, dass ich alles kontrollieren kann – oder muss. Wenn ich nicht mehr gegen den Fluss schwimme, kann ich ihn besser lenken. Manchmal ist Surrender der stärkste Ausdruck von Selbstführung. Es ist ein Ja zum Leben, auch wenn ich den Ausgang nicht kenne.

 

This too shall pass.

Ein einfacher Satz, und doch so kraftvoll. Er holt mich zurück ins Jetzt. In den Atem. Er erinnert mich: Alles ist Übergang. Auch Schmerz. Auch Freude. Ich muss nichts festhalten, nichts vermeiden – ich darf einfach da sein. Die Welle kommt, die Welle geht.

 

Wenn du es ändern kannst, tu es. Wenn nicht – warum sorgen?

Ein stoischer Gedanke, der mich erdet. Er gibt mir Fokus. Verantwortung. Präsenz. Sorgen sind oft nur Ersatzhandlungen für echte Veränderung. Und wenn ich nichts tun kann – dann ist Gelassenheit das Einzige, was mich schützt.

 

Diese Haltungen – sie klingen einfach.

Aber sie sind tägliche Praxis.

Sie bringen Klarheit in den Sturm.

Und Raum in die Reaktion.

 

Sie helfen mir, inmitten von Triggern nicht sofort loszurennen, sondern stehen zu bleiben.

Hinzuatmen.

Zu spüren, was wirklich gerade gebraucht wird – nicht nur, was mein altes Muster will.

 

Sie sind Anker.

Und Wegweiser.

Und manchmal einfach nur Erinnerung daran, dass ich wählen kann.

Immer.

 

Ich erinnere mich an einen Satz von Viktor Frankl, der mich nie losgelassen hat:

 

Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum.

In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl.

Und in dieser Wahl liegt unser Wachstum und unsere Freiheit.

 

Frankl hat das nicht in einem Meditationszentrum geschrieben.

Sondern in einem Konzentrationslager.

Seine Worte tragen Blut. Und Wahrheit.

 

Er hat uns gelehrt, dass wir selbst im größten Leid noch wählen können.

Unsere Haltung. Unsere Bedeutung. Unsere Reaktion.

 

Und vielleicht… ist genau das unsere größte Freiheit.

Nicht die äußeren Umstände zu kontrollieren.

Sondern uns selbst.

 

Wenn ich ruhig bin,

dann nicht, weil ich nichts fühle.

Sondern weil ich alles fühle – und gelernt habe, nicht alles zu tun, was diese Gefühle wollen.

 

Meine Ruhe ist Schutz.

Für mich.

Für mein Nervensystem.

Für mein Leben.

 

Ruhe ist eine Entscheidung, meinen inneren Frieden zu bewahren – egal, was es mich kostet.

Auch wenn es bedeutet, dass ich meinen Job verliere.

Eine Freundschaft.

Eine Beziehung.

Zugehörigkeit.

Verständnis.

Vielleicht sogar ein altes Ich.

 

Denn wenn der Preis für äußeren Frieden innerer Krieg ist –

dann ist es kein Frieden.

Dann ist es Anpassung.

Funktionieren.

Verlust von Selbst.

 

Und manchmal bedeutet das, Menschen gehen zu lassen.

Beziehungen loszulassen.

Sich selbst treu zu bleiben, auch wenn es einsam macht.

 

Ruhe hat ihren Preis.

Aber Krieg mit sich selbst kostet mehr.

 

Heute nutze ich die Hitze in mir.

Ich leite die Lava in Bahnen, die nähren statt zu verbrennen.

Ich nutze den Sturm als Antrieb.

Ich gestalte mit der Energie, die mich früher zerstört hat.

 

Und du?

 

Was wäre, wenn du den Raum zwischen Reiz und Reaktion findest?

Was wäre, wenn du lernst, zu wählen?

Nicht sofort. Nicht perfekt.

Aber jeden Tag ein kleines Stück.

 

Vielleicht fängt Heilung genau da an:

In dem Moment, wo du dich entscheidest,

nicht mehr automatisch zu reagieren.

Sondern zu atmen.

Zu fühlen.

Und zu führen.

 

Dich.

Und vielleicht irgendwann – auch andere.

 

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Joe Turan

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Kommentare

Marion
Vor 15 Tage

Hi Joe,

spannende Auffassung zum Thema "Wie man ruhig bleibt".

Viktor Frankl war in einer Situation, in der er keine Wahl hatte sich einfach vollständig physisch zu entziehen. Was ich meine, er musste die Situation im Rahmen dessen formen, mit den Mitteln die er hatte. Also an dieser Stelle konnte er die Situation nur mit seiner Geisteshaltung für sich selbst ändern.

Wenn wir eine andere Situation annehmen, eine toxische Beziehung, bleibst du in dieser Beziehung und gleichzeitig immer ruhig?

Ich stehe gerade an dieser Schwelle. Ich bin eine stille, empathische, ehrliche Person. Nun bin ich auf jemanden gestoßen, der mich wirklich an den Rand meiner psychischen Kräfte bringt in dem er mich in einer Art und Weise in Diskussionen verwickelt, die mich zu nie dagewesenen Verhaltensweisen führen.
Laut werden (noch nie dagewesen), Kraftausdrücke (noch nie dagewesen), Fluchtreflex (noch nie dagewesen).

Aus deinem Text nehme ich mit. Ich muss nicht Recht haben. Ich darf missverstanden werden, ich lasse mich nicht triggern.

Ok, das kann man mal so machen, finde ich auch. Aber in einer alltäglichen Beziehung sollte das doch nicht der Umgang sein?
Möchte man im alltäglichen und engen Beziehungen nicht verstanden werden? Recht haben muss ich nicht, aber ich möchte nicht ständig das Gefühl haben, ok, du hast mich nicht verstanden, ist aber ok.

Ich habe wenige aber dafür enge Beziehungen, meist familiär. Wenn ich aber merke, es gib kein gemeinsames Alphabet, muss ich das dann nicht irgendwann einsehen und abbrechen?

Denn was ich zum Beispiel nicht möchte, gleichförmige Verhaltensweisen. Ich finde schon, dass es unsere Verantwortung in dieser Welt ist, das Verhalten anderer Menschen zu reflektieren. Wenn es hilft und man einen anderen und besseren Umgang zueinander findet, lohnt sich das und es lohnt sich ruhig zu bleiben, auch beim dritten oder vierten Anlauf die Thematik in Ruhe zu besprechen, neue Ansichten austauschen usw.
Wenn ich aber merke, ich kann mit einem Menschen nicht reden, sei es böswillig oder sei es, weil mir klar wird, dass wir aufgrund von Sozialisierung so grundverschieden sind, dass wir nicht zueinander finden, Wann ist es an der Zeit zu gehen? Es gibt auch andere Themen, die so etwas behindern können. Alkoholkranke Menschen neigen auch zu einer Kommunikationsweise, die oft nicht erklärbar und aushaltbar ist.

Ich werde auch das Thema narzisstischer Partner noch einmal kommentieren. Denn es ist ein wenig in die Richtung gedacht.

Also, würde mich mal interessieren, wie weit du das in alltäglichen Beziehungen so siehst.

Danke und beste Grüße,
Marion